Auf den ersten Blick wirkt es ungewöhnlich: Ein Mann als Ehrenmitglied in einem feministischen Kunstverein wie der Internationalen Aktionsgemeinschaft bildender Künstlerinnen (IntAkt). Im aktuellen österreichischen Kunst- und Kulturbetrieb, der seit den 2010er Jahren eine verstärkte Institutionalisierung feministischer Anliegen erlebt, wirft die Ehrenmitgliedschaft Hermann Hendrichs bei der IntAkt grundlegende Fragen auf. Wie positioniert sich männliche Unterstützung in einem explizit feministischen Kontext?
Historische Einordnung:
Hendrichs Engagement fällt in eine entscheidende Phase der österreichischen Frauenbewegung – die späten 1970er bis frühen 2000er Jahre. In dieser Zeit formierten sich nicht nur wichtige feministische Kunstinitiativen wie die IntAkt (gegründet 1977), sondern es entwickelte sich auch jenes Spannungsfeld zwischen autonomen Frauenräumen und gemischtgeschlechtlichen Allianzen, das bis heute die Genderdebatten in Österreich prägt.
Hermann Hendrichs Verbindung zur IntAkt begann durch seine damalige Ehefrau Lotte Hendrich Hassmann, eine ehemalige Vorständin des Vereins. Doch anders als viele Partner, die im Hintergrund bleiben, wurde Hendrich aktiv Teil der IntAkt Projekte. Er unterstützte nicht nur logistisch – etwa als Ausstellungsaufsicht oder Technikexperte –, sondern auch ideell. Sein Spitzname „Jungfrau der IntAkt“ wurde sein liebevoll verwendeter Kosename unter den Mitgliedern der Intakt, welcher seine willkommene Präsenz in einem speziell für Frauen entstandenen Raum widerspiegelt. In einer Zeit, als feministische Räume oft ausschließlich in einem weiblich gelesenen Kontext gedacht wurden, stand Hendrich für eine andere Art der Solidarität: eine, die nicht auf Geschlecht, sondern auf Respekt und gemeinsamer Vision beruhte.
Hendrichs Engagement für den feministischen Kunstverein IntAkt entfaltete sich in drei zentralen Dimensionen, die jeweils unterschiedliche Aspekte seiner besonderen Zusammenarbeit beleuchten. Auf praktischer Ebene brachte er vor allem seine technische Expertise ein – sei es bei der Umsetzung komplexer Ausstellungsprojekte wie der 40-Jahr-Feier 2017, der systematischen Archivierung und Digitalisierung von Vereinsdokumenten oder der logistischen Unterstützung bei Veranstaltungen in alternativen Kulturräumen wie dem Wiener WUK. Diese konkreten Hilfestellungen waren für einen kleinen Verein mit begrenzten Ressourcen von unschätzbarem Wert.
Eine Arbeitsweise die dem feministischen Grundsatz des “Empowerment through doing” (Stagoll 2005) entsprach, ohne traditionelle Geschlechterhierarchien zu reproduzieren. In einem Text von Gudrun Kaitna-Engel, der sich auf ihn bezieht, betont sie seine „Zurücknahme des eigenen Egos“ zugunsten der Sache. In einer Kunstwelt, die männliche Autorität oft glorifiziert, war dies eine bewusste politische Haltung. Die Frage, warum IntAkt einen Mann ehrt, beantwortet sich in Hendrichs Wirken: Weil echter Feminismus keine Geschlechtergrenzen kennt, sondern Verbündete braucht, die Macht teilen – nicht aneignen. Hendrich nutzte seine Privilegien, um Räume für Frauen zu öffnen, ohne sie je zu besetzen. Hermann Hendrichs Ehrenmitgliedschaft ist kein Widerspruch, sondern ein Modell für inklusiven Feminismus. Sie erinnert daran, dass Veränderung nur gelingt, wenn alle – unabhängig von Geschlecht – an einem Strang ziehen.
Literatur:
- Stagoll, L. (2005): Feminist Praxis in the Art Museum
- Kaitna-Engel, G. (2021): Hermann Hendrich – Freund im JETZT